Eine Frau war im Winter mit dem Rad unterwegs. Die Gemeinde hatte die Räum- und Streupflicht auf ein Drittunternehmen übertragen. Im Bereich einer Unterführung war der Radweg erkennbar nicht bzw. sehr schlecht geräumt. Dennoch befuhr die Radfahrerin, deren Fahrrad mit Stollenreifen ausgerüstet war, diesen Bereich und es kam zum Sturz.
Sie verlangte von der Kommune Schadenersatz und Schmerzensgeld. Ihrer Ansicht nach habe die Gemeinde ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Es sei nicht verboten, im Winter Rad zu fahren. Daher sei es Pflicht der Gemeinde, die Radwege in einem befahrbaren Zustand zu halten.
Die Gemeinde verweigerte die Zahlung. Es sei im zumutbaren Rahmen gestreut worden.
Das LG München II verurteilte die Kommune zur Zahlung von 75% des Schadens.
Nach Ansicht des Gerichts bestand an der Unfallstelle eine Räum- und Streupflicht der Beklagten. Bei der S-Bahnunterführung handele es sich um eine Stelle von hoher Wichtigkeit im gemeindlichen Verkehr. Das ergebe sich daraus, dass dies die einzige Unterführung im Stadtbereich sei und die nächste Möglichkeit zum Überqueren der Gleise über 1 km entfernt war. Der Wechsel der Gleisseiten sei auch für die Nutzung der S-Bahn wichtig.
Die Unterführung am S-Bahnhof war auch gefährlich. Zum einen sei ein wechselnder Fahrbahnbelag gegeben gewesen, zum anderen wies die Unterführung ein Gefälle auf. Es sei daher davon auszugehen, dass die Wahrnehmung der Räum- und Streupflicht nicht der Wichtigkeit der Straße entsprochen habe.
Allerdings habe sich die Radfahrende ein Mitverschulden von 25% zurechnen zu lassen. Ein Mitverschulden i.S.v. § 254 BGB ergebe sich zwar nicht aus der Tatsache, dass die Radfahrerin bei winterlichen Straßenverhältnissen ihr Fahrrad benutzt hat. Hierin liege kein Sorgfaltsverstoß. Ein Mitverschulden ergebe sich aber daraus, dass die Geschädigte die Gefährlichkeit der Situation erkannte und trotzdem weiterfuhr. Es war für sie erkennbar, dass der Bereich der Unterführung nach dem Schneefall des Vormittags noch nicht vollständig geräumt war. Ein Mitverschulden von 25% sei aber ausreichend.